2. Februar 2013: Freiraum-Demo in Wien für den Erhalt des Berliner Kulturprojektes KvU

  • Januar 21, 2013 19:42

 2. Februar 2013 / 14 Uhr / Europaplatz , Westbahnhof / Wien

audepia4

Die Demo fällt auf den ersten Tag der internationalen Kampagne „Fight now –  Solidarity with liberated spaces“ – http://fightnow.noblogs.org/

Ein Flyer mit Aufruftext als PDF

Es folgt der Aufruf des Berliner Wir bleiben alle! – Bündnisses:Demonstration zum „Besitzer“ der KvU

Packt die Sachen, es geht nach Wien…

Die Kirche von Unten (KvU), eines der ältesten links-alternativen Projekte Berlins, steht mit Beginn diesen Jahres ohne Mietvertrag da und blickt einer Räumung entgegen. Die Immowert Arkonahöfe Berlin GmbH , eine Untergruppe eines äußerst undurchsichtigen Firmengeflechts von AGs, GmbHs, samt eigener Stiftung, schlug jedes Gesprächsangebot in den Wind [1]. Nach nun rund zwei Jahren Schriftverkehr, schwammigen Antworten der Hausverwaltung und der Nichtverlängerung der Mietverträge diesen Januar, reißt uns der Geduldsfaden. Wir werden darum Michael F. Simoncic, einem „Eigentümer“ der KVU, am 2. Februar einen Besuch abstatten. Dafür machen wir uns auf den Weg nach Wien.

Hier findet am Vortag, dem 1. Februar der sogenannte „Wiener Akademiker Ball“ statt. Das Spektrum der Burschenschaften, die den Ball ausrichten und besuchen fristen im Vergleich zu deutschen Burschenschaften kein Nischendasein, sondern bekleiden mehrheitlich politische und wirtschaftliche Führungspositionen in Österreich. Die komplette FPÖ-Führungsriege, sowie Vertreter*innen anderer rechter europäischer Parteien geben sich hier die Klinke in die Hand. So war im letzten Jahr beispielsweise die Vorsitzende der Front National, Marine Le Pen, gerngesehener Gast des Balls. In diesem Jahr ausgerichtet von der rechtspopulistischen Regierungspartei FPÖ, veranstaltet in der Wiener Hofburg [2] und mit bis zu 1000 Gästen, ist der Ball eine der langjährigsten und größten Veranstaltungen der rechtspopulistischen Elite in Europa. Ein guter Anlass also für ein grenzübergreifendes Vorgehen gegen Faschismus und die Durchökonomisierung aller Lebensbereiche. Gerade die Krisen- und Rechtsentwicklung in Europa macht ein gemeinsames Agieren gegen diese Missstände notwendig.

„Freiräume“ im Kapitalismus gibt’s nicht – und trotzdem sind sie notwendig!

Selbstverwaltete Räume sind Grundvoraussetzung für den Widerstand gegen die Ekelhaftigkeiten des Kapitalismus. Die FPÖ und deren ebenso patriarchaler Anhang verkörpern sehr anschaulich genau diese ideologische und seelische Hässlichkeit. Selbstverwaltete Räume sind aber auch Orte, an denen wir eine Verschnaufpause von der alltäglichen Konkurrenz-Tretmühle nehmen können. Sicher ist in unseren „Freiräumen“ nicht alles perfekt und die komplette Abstreifung aller schlechten „Ismen“ noch weit entfernt aber ein Leben und Kämpfen ohne sie wäre einfach nur beschissen. Darum ist der Erhalt der KVU und aller linken Wohn- und Kulturprojekte unabdingbar.

Kirche von unten – 26 Jahre widerständig

Für alle die die KvU nicht kennen soll hier in Kürze die Geschichte des Ladens angerissen werden:
Zu DDR-Zeiten sammelten sich in der „Offenen Arbeit“ der evangelischen Kirche etliche Leute die in den damaligen offiziellen Jugend und Freizeitangeboten keinen Platz fanden. In Berlin und anderen Städten Deutschlands wurden kirchliche Einrichtungen zur Heimstätte von Subkultur und linker Politik, links von der DDR. Trotz Sympathie für oppositionelle Bewegungen war die Kirche stets um ein entspanntes Verhältnis zum Staat bemüht, was unter anderem zu Maßregelungen und Versetzungen einzelner Kirchenmitarbeiter*innen führte. Gegen diese Tendenz veranstalteten oppsitionelle Gruppen im Juni 1987, parallel zum offiziellen Evangelischen Kirchentag, einen Kirchentag von Unten der großen Zuspruch erhielt. Aus der dort formulierten Forderung nach Handlungsautonomie und eigenen Räumlichkeiten entstand in der Folgezeit die Kirche von Unten als fester Anlaufpunkt für Punks, Freaks, Dissidenten usw. Im Oktober des selben Jahres griffen Neonazis ein Konzert der Band Element of Crime in der Zionskirche in Prenzlauer Berg an [3], das aus dem Spektrum der Kirche von Unten organisiert wurde. Für die Organisator*innen des Konzertes, zu denen maßgeblich Silvio Meier [4] zählte, war schon davor, aber spätestens nach dem Überfall klar, dass organisierter Widerstand gegen Neonazis in Ostberlin notwendig war und ist. Als Reaktion auf die verstärkte Nazipräsenz gründete sich im Juni 1989 in der KvU die erste Ostberliner Antifa Gruppe (ab Sommer 1990 Autonome Antifa Ostberlin) [5]. Bis heute ist die Kirche von Unten ihrem Anspruch treu geblieben, sozialer Ausgrenzung und rassistischem Bullshit durch die Schaffung selbstbestimmter Kultur etwas entgegen zu setzen.

Wenn es drei mal klingelt

Die Stadt wird von den Kapitalfraktionen nicht als Lebensraum betrachtet, sondern vor allem als Ware, die es bestmöglich zu veräußern gilt. Die Umwandlung von öffentlich zugänglichem Wohn- und Gewerberaum in Privatwohnungen lässt sich in diesem Zusammenhang als Trend auf dem europäischen Immobilienmarkt beobachten. Und so soll nun, wenn es nach dem Willen der Immowert-Gesellschaft geht, die KvU nach 26 Jahren, 21 davon in der Kremmener Sraße, zu Gunsten von privatem Wohnraum weichen. Für die Berliner Stadtteile Mitte und Prenzlauer Berg würde dies das Verschwinden eines weiteren Ortes gewachsener Gegenkultur bedeuten.

Wenn Das Immowert-Firmengeflecht und Simoncic keine Lust haben sich mit uns ins Benehmen zu setzen, kommen wir einfach mal vorbei. Räumliche Distanz sollte schließlich keine Rolle spielen. Wir rufen euch deshalb dazu auf am 1. Februar mit uns in Wien zusammen gegen den FPÖ-Fascho-Ball und am 2. Februar für die Verteidigung emanzipatorischer Politik und Kultur auf die Straße zu gehen.

Dieser Appell richtet sich speziell an die Menschen in Österreich, im Süden Deutschlands und die in Berlin, die sich gegen Nazis und für selbstverwaltete Freiräume einsetzen.

– Nutz die Anreisemöglichkeiten des Ums Ganze Bündnisses, das überregional gegen den rechten Ball mobilisiert.
– Organisiert die Anreise mit PKW‘s.
– Aus Berlin fährt ein Bus. Ein zweiter ist in der Mache.
– Mobilisiert zur Demo
– unterstützt als Gruppe den Aufruf (Mail an: polit@kvu-berlin.de)

Die Stadt als Ware? Wir sagen: Nein Danke!
Nationalismus? Haut mal ab mit dem Scheiß!
Wir bleiben Alle!

Genaue Infos zur Anreise nach Wien, zum Demo-Auftaktort, zur Demo:

 

Web: wirbleibenalle.org / nowkr.at / kvu.blogsport.de
Mail: Anreise & Aufruf unterstützen: polit@kvu-berlin.de

Von Berlin nach Wien…

Warum, fragt sich jetzt die eine oder der andere. Ganz einfach. Faschismus und Kapitalismus sind, wie viele andere -ismen auch, keine regionalen Phänomene. Deshalb sind wir hier um Freitag gegen den Akademikerball und Samstag für den Erhalt unserer Freiräume zu demonstrieren.

Sicher, auch diese sind nicht wirklich „frei“ von allen Widerlichkeiten des Systems. Doch sie sind notwendig um dem Alltagswahnsinn zu entfliehen, sich entspannt zurück zu lehnen und die Gesamtscheiße draußen einfach mal zu vergessen.

Dass diese Räume immer wieder Angriffen durch Staat und Kapital ausgesetzt sind, ist nichts Neues. Aktuell ist in Berlin unter anderem die KvU bedroht. Warum sollte man darum in Wien demonstrieren? Nun, eine der Eigentümer_innen, die Immowert Immobiliengruppe hat ihren Sitz in Wien in der Währingerstraße 47
. Da es in Wien einen besseren Mieterschutz gibt als irgendwo in Deutschland, macht sie ihre Geschäfte eben in Berlin. Allein dort hat die Immowert mindestens 7 Projekte am laufen. Darunter auch die Arkonahöfe, in denen die KvU ihre Räume besitzt, die sie seit über 20 Jahren nutzt. Jetzt wurde der Mietvertrag nicht verlängert, die Räumungsklage wird erwartet.

Da jedoch Distanz keine Rolle spielen sollte, sind einige Freund_innen der KvU der Meinung, dass es eine Demo in Wien geben muss. Denn nicht nur die KvU ist betroffen von Gentrifizierung. Auch andere bangen um ihre Existenz. Und die, die es noch nicht getroffen hat, wird es bald betreffen, wenn wir uns dieser Entwicklung nicht entschlossen und geschlossen entgegenstellen. In Wien ist aktuell die Pizzeria Anarchia bedroht. Deshalb werden wir nicht nur die Immowert, sondern auch den Eigentümer der Pizzeria besuchen.

Kommt zur Demonstration, seid laut und zeigt, was ihr von Verdrängung und Umstrukturierung haltet! Seid solidarisch und unterstützt unsere Räume! Wir bleiben Alle!